Von unerfülltem Kinderwunsch spricht man laut Weltgesundheitsorganisation (WHO), wenn nach mindestens zwölf Monaten trotz wiederkehrenden Bemühungen keine Schwangerschaft eintritt. Im Jahr 2009 hat die WHO die Sterilität als eine Krankheit des Fortpflanzungssystems anerkannt, wodurch den Paaren, die an ihrem Kinderwunsch leiden, das Recht auf eine Reproduktionsbehandlung zugesprochen wird, um ihren sehnlichen Wunsch zu erfüllen. Mittels österreichischem IVF-Fonds werden nun Kinderwunsch-Paare finanziell dabei unterstützt, ihren Traum von einem Kind Wirklichkeit werden zu lassen. Dabei sind Sterilität und Infertilität zwei Begriffe, die sich beide auf die Unfähigkeit beziehen, Kinder zu bekommen und doch eine unterschiedliche Bedeutung haben: Von Sterilität spricht man, wenn trotz regelmäßigen, intimen Kontakts über mindestens ein Jahr keine Schwangerschaft eintritt. Bei einer Infertilität hingegen, kann die Frau zwar ein Kind empfangen, jedoch kommt es wiederholt zu Komplikationen in der Schwangerschaft.
Die Verhütung bzw. die vermeintliche Planbarkeit von Schwangerschaften, sowie die Fortschritte der Reproduktionsmedizin verleiten die Gesellschaft zu der Annahme, dass eine Schwangerschaft jederzeit herstellbar wäre. Kinderwunschkliniken haben in unbestrittener Weise schon vielen kinderlosen Paaren zu ihren Wunschkindern verholfen, jedoch sind auch in der Reproduktionsmedizin die Erfolgsaussichten bei Kinderwunschbehandlungen eingeschränkt: über alle Behandlungsschritte hinweg besteht in etwa eine Chance von 15 % pro IVF-Behandlungsversuch, ein gesundes Kind das Licht der Welt erblicken zu lassen. Da sich die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit nach mehreren abgeschlossenen Behandlungszyklen nicht einfach zusammenrechnen lassen, bleiben nach drei aufwändigen, intensiven Behandlungsversuchen, immer noch in etwa zwei Drittel der Paare kinderlos. Generell wird angenommen, dass ca. 6 – 9 % aller Paare dauerhaft ungewollt kinderlos bleiben. In Österreich werden die Daten aller dem IVF-Fonds gemeldeten Behandlungen jährlich im IVF-Fonds-Bericht sehr detailliert veröffentlicht.
Ein weiterer ganz entscheidender Punkt ist das Alter der Frau, da mit fortschreitendem Alter auch die Fruchtbarkeit deutlich sinkt: Die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit für eine 38-jährige Frau ist nur noch halb so groß, wie die einer 28-jährigen Frau. Der Anstieg des Durchschnittsalters der Frauen, die das erste Mal ein Kind bekommen, ist somit auch ein relevanter Faktor für die immer höher werdende ungewollte Kinderlosigkeit.
Das heißt also, dass trotz aller intensiven emotionalen Bemühungen und physischen Begleiterscheinung, welche Kinderwunschbehandlungen mit sich bringen, viele Frauen und Männer schmerzlich erfahren müssen, dass auch mit der größten Anstrengung nicht alles zu erreichen ist. Diese Erkenntnis und die gefühlte Ohnmacht kann gehörig verunsichern und das Leben schon einmal aus den Fugen geraten lassen. In der psychosozialen Beratung können die Frauen und Männer erkennen, wie sie die Erfahrungen als Teil ihres Daseins annehmen und in ihr Leben integrieren können. Mit Hilfe von professioneller Unterstützung kann schneller neuer Mut und wieder Kraft für neue Versuche, eine Pause oder ein alternativer Lebensplan gefunden werden. Ich begleite in meiner Praxis gerne Frauen, Männer oder Paare auf ihrer manchmal holprigen Kinderwunschreise.
Alles Liebe,
Mag. Birgit Bichler