Liebe Kinderwunsch-Blog-Leser*Innen!
Gut gemeinte, jedoch leider oft unreflektierte Fragen und Ratschläge von emotional nahestehenden Personen zum aktuellen Kinderwunsch-Status lösen bei Frauen und Männern, die sich vielleicht schon länger auf ihrem Kinderwunsch-Weg befinden, besonders schwere und belastende Gedanken aus. Diese meist unbedachten Äußerungen führen bei den Betroffenen zu starken Selbstzweifeln, verstärktem Grübeln oder negativen Gedanken über sich selbst im Allgemeinen. Der Grund dafür ist, dass diese Ratschläge nicht nur vermitteln, dass sich das Gegenüber emotional nicht in die Lage der Betroffenen versetzen kann, sondern implizieren auch, dass es das eigene Unvermögen oder Zutun wäre, welches zur ungewollten Kinderlosigkeit führt. Dies fühlt sich besonders verletzend an, da für den Kinderwunsch ja so gut wie alles unternommen wird.
Einige Beispiele für solche unbedachten, oft gut gemeinten Ratschläge können sein:
„Lass einfach einmal los, dann wird es schon funktionieren.“
„Fahrt doch in den Urlaub und entspannt euch etwas.
„Genießt doch die Zeit ohne Kinder! Wenn sie einmal da sind, wird es anstrengend genug.“
„Meldet euch doch zur Adoption an, dann funktioniert es bestimmt.“
„Seid nicht so fixiert, da blockiert ihr euch doch nur selbst.“
„Wann ist es bei euch soweit mit den Kindern?“
„Und… wie viele Kinder möchtet ihr einmal bekommen?“
„Sei doch froh, dass du deine Freiheit genießen kannst!“
„Du hast aber auch viel Stress, du arbeitest zu viel!“
„Ach, das ist doch nicht so schlimm – du bist ja noch so jung!“
Ein guter Umgang mit den Betroffenen wäre im ersten Schritt, ihre aktuelle, belastende Lebensphase zu sehen, anzuerkennen und die bereits gemachten Anstrengungen zu würdigen. In einem liebevollen Gespräch achtsam zuhören und ein offenes Ohr anbieten, falls der/die Freund*in über schwere Erfahrungen sprechen möchte. Einfach als Mensch für den anderen da sein, ohne zu bewerten, zu beratschlagen oder nachzubohren.
Auch bei nachhaltig, belastenden Ratschlägen aus dem Umfeld kann die psychosoziale Beratung ansetzen. Gemeinsam werden Strategien entwickelt, wie künftig mit Indiskretionen zum Thema Kinderwunsch umgegangen werden kann, wo die eigenen Grenzen liegen und was als Privatsache erachtet wird. Wie möchte ich in Zukunft auf solche Aussagen reagieren oder nicht reagieren und welche Ressourcen bräuchte ich, um künftig gut mit den nicht wohltuenden Ratschlägen umgehen zu können? In dieser Situation wäre zum Beispiel ein mentaler Schutzschirm eine Möglichkeit, der dabei hilft, bei sich zu bleiben und negative Emotionen und Energien von außen nicht an sich heranzulassen. Allein der Gedanke, nun gut gerüstet zu sein und ein Werkzeug in der Hand zu haben, führt oft zu einer großen Erleichterung.
Generell ist zu beachten, dass ein unerfüllter Kinderwunsch eine äußerst sensible Lebensphase bei vielen Menschen darstellt, die verletzlicher als sonst macht. Die Äußerungen von Außenstehenden sind meist unbedacht und in bester Absicht gesagt. Reagiert man nun gekränkt oder gereizt, könnte dies als unangemessene Reaktion gesehen werden, was für weiteres Konfliktpotential sorgt. Im Zuge einer Lebens- und Sozialberatung können dazu genaue Verhaltensweisen erarbeitet werden. Wichtig dabei ist es, dass sich das Paar gemeinsam Gedanken macht, welche Informationen es Preis geben möchte und welche nicht, da oft sehr unterschiedliche Bedürfnisse zwischen Mann und Frau bestehen.
Mit meinem Blog-Beitrag möchte ich Sensibilisieren und dazu aufrufen, sich gerade beim Kinderwunsch-Thema besonders zurückhaltend mit guten Ratschlägen oder Kommentaren zu verhalten. Vielleicht hat der Eine oder Andere beim Lesen bemerkt, dass er selbst unbewusst schon einmal gute Ratschläge an junge Menschen mit Kinderwunsch verteilt hat.
Danke fürs Lesen, Teilen, darüber Sprechen und ich würde mich über Nachrichten, Kommentare oder persönliche Gespräche sehr freuen. Wenn du deine ganz persönliche Situation gerne mit mir in einem Beratungsgespräch teilen möchtest, nimm‘ sehr gerne Kontakt mit mir auf.
Alles Liebe,
Birgit