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Teil 11: Gefühle als Sprache der Seele – Phase des Schocks und der Verneinung

Herzlich Willkommen, liebe interessierte Blog-LeserInnen!

Gefühle sind die Sprache der Seele. Bei einem unerfülltem Kinderwunsch treffen viele verschiedene, negativ behaftete Gefühle zusammen und treten häufig phasenweise auf. Deshalb möchte ich in den nächsten Blog-Beiträgen emotionale Phasen und deren belastende Gefühle im Laufe einer holprigen Kinderwunschreise betrachten. Da wir unerwünschte Gefühle nicht einfach ignorieren, wegdrücken oder zuschaufeln können, dürfen wir lernen sie anzuerkennen und mit ihnen zu leben. Bei vielen Betroffenen sind diese Gefühlsphasen sehr ähnlich, greifen ineinander oder treten nacheinander folgend auf. Es müssen nicht alle durchlaufen werden und manche Paare überspringen auch ganze Phasen oder wiederholen einzelne Gefühlslagen wieder. In der psychosoziale Beratung unterstütze ich die KlientInnen in allen Phasen der Kinderwunschreise dabei, sich mit den Gefühlen auseinanderzusetzen, sie einzuordnen und zu lernen, sie anzunehmen.

Nur selten hat sich ein Paar vorab mit dem Gedanken beschäftigt, dass die Erfüllung des Kinderwunsches problematisch sein könnte. Viele Erwachsene sind der Meinung, man brauche nur das Verhütungsmittel abzusetzen und es würde ohnehin gleich mit einer Schwangerschaft klappen. Auch haben sich viele noch wenig mit dem weiblichen Zyklus beschäftigt und sind der Meinung, dass zu jedem Zeitpunkt des Zyklus ein Kind entstehen könne. Wenn sich zur Überraschung dieser jedoch über eine längere Zeitdauer keine Schwangerschaft einstellt, wird die Verunsicherung immer größer. Die Betroffenen ziehen einen Mediziner zu Rate, um eine Lösung für diese unbekannte Situation herbeizuführen. Wenn körperliche Ursachen oder Einschränkungen in Bezug auf die Fruchtbarkeit bei Mann und/oder Frau gefunden werden oder die Diagnose (idiopathische) „Sterilität“ gestellt wird, sitzt der Schock erst einmal tief. 

Die Betroffenen realisieren, dass sich ihre Lebensziele womöglich nicht ohne medizinische Hilfe bzw. eventuell gar nicht verwirklichen lassen. Dies kann dazu führen, dass das Selbstwertgefühl – im Speziellen die ureigene Weiblichkeit bzw. Männlichkeit – empfindlich gestört wird. Häufig werden in dieser Schockphase intensive Gefühle wie Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit oder Lähmung erlebt. Die stigmatisierende Diagnose Sterilität wird von den Betroffenen häufig mit einem „Versagen“ gleichgesetzt. Von einer vorübergehenden Fruchtbarkeitsstörung oder Subfertilität zu sprechen, wäre sicher angemessener und der Begriff für Frauen und Männer mit unerfülltem Kinderwunsch leichter zu akzeptieren, da die Endgültigkeit und das Versagen nicht gleich impliziert wären.

Eine andere Art mit der kürzlich gestellten Diagnose umzugehen ist es, diese komplett abzulehnen bzw. zu verneinen und in weiterer Folge vermehrt Ärzte aufzusuchen, in der Hoffnung, eine andere Diagnosestellung zu erhalten. Betroffene Paare wollen und können in der akuten Schockphase nicht damit leben, dass es ihnen eventuell auf Dauer nicht möglich sein wird, sich ihren Lebenswunsch zu erfüllen. Zu dieser Verneinung zählt auch, dass jedes Paar zu Beginn einer Kinderwunschbehandlung von den (geringen) Erfolgsaussichten in Kenntnis gesetzt wird, aber fest damit rechnet, zu der Minderheit jener Paare zu zählen, die bereits im ersten Behandlungszyklus erfolgreich sein wird. Dies ist mehr als verständlich, da ja eine positive Haltung und Optimismus sehr wichtig für eine gesunde, glückliche Lebensweise sind.

Diese erste aufwühlende Gefühlsphase beginnt mit der Erkenntnis, dass der Kinderwunschweg eventuell länger und steiniger werden wird, als ursprünglich angenommen. Um nicht in der Lähmung oder des Schockzustandes zu verharren, hilft es, über die eigenen Gefühle zu sprechen. Sei es mit dem/der Partner*in, mit engen Vertrauten oder neutralen, einfühlsamen psychosozialen BeraterInnen, welche ein offenes Ohr, Verständnis und Wege aufzeigen können, gut und mental gesund durch diese Krise zu gehen. 

Danke fürs Lesen, Teilen, darüber Sprechen und ich würde mich über Nachrichten, Kommentare oder persönliche Gespräche sehr freuen.

Alles Liebe,
Birgit

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