Teil 12: Ärger, Wut und Ohnmacht im Kinderwunsch

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Heute möchte ich wieder Gefühle beleuchten, welche auf der Kinderwunschreise sehr häufig ungeliebte Begleiter sind. Diese negativ bewerteten Gefühle, sind Ärger, Wut und Ohnmacht, die in ihrer Intensität so stark sein können, dass sie  in einer für die Betroffenen noch unbekannten Dimension auftreten und somit unüberwindbar erscheinen. So lange noch keine Bewältigungsstrategie zur Annahme dieser unangenehmen Gefühle gefunden wurde, kann es sich auch anfühlen, als ob die Betroffenen scheinbar in diesen Gefühlen „steckenbleiben“ würden. In dieser Phase der häufig schon lange andauernden Kinderwunschreise richten sich die negativen Gefühle der Betroffenen oftmals gegen die behandelnden Ärzte, aber auch gegen Paare mit Kindern, Schwangere oder Familienmitglieder, welche mit guten Ratschlägen helfen wollen. Diese gutgemeinten Tipps empfinden die betroffenen Paare jedoch meist als sehr unangenehm und als Einmischung in ihre Privatsphäre. Die Empörung gegen Eltern, die ihre Kinder misshandeln oder gegenüber Frauen, die vielleicht zum wiederholten Male eine Schwangerschaft abbrechen, ist groß und lenkt von der eigenen, verfahrenen Situation ab. Die Wut kann sich jedoch auch gegen den eigenen Körper richten, welcher den Kinderwunsch nicht erfüllt oder auch Paarkonflikte wieder neu aufleben lassen.

Egal wogegen sich der Ärger und die Wut im Speziellen richten, sie sind sehr starke, schwer kontrollierbare, manchmal auch lähmende Gefühle und in ihrem Ausmaß für die Betroffenen häufig sogar erschreckend. Sie möchten nicht in dieser aggressiven Weise auf andere Menschen reagieren, denken sich in manchen Situationen selbst nicht mehr zu kennen und fühlen sich ihren eigenen Gefühlen ausgeliefert. In der psychosozialen Beratung wird für diese Gefühle wie Wut und Ärger bewusst Raum geschaffen, damit diese als Teil unseres Lebens anerkannt und gesehen werden. Damit soll verhindert werden, dass sich die Wut im Körper absetzt, um eventuell später als psychosomatische Symptome wieder aufzutauchen. Im besten Fall kann sich die Wut in konstruktive Energie verwandeln, um wieder neue Dinge entstehen zu lassen.

Vor allem Paare, die gewohnt waren, ihr Leben nach einem selbst entworfenen Plan zu verfolgen, können die Situation, einer ungewollten Kinderlosigkeit ausgeliefert zu sein und den eigenen Körper als versagend zu erleben, als Ohnmacht und Hilflosigkeit empfinden. Die Betroffenen sind verunsichert und gelähmt und Aktivitäten und Pläne hin zu ihrem Wunschkind werden auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Nichteintreten der Schwangerschaft wird als akuter Kontrollverlust erlebt und kann zu Abhängigkeitsgefühlen führen. Diese Gefühle sind umso intensiver, je stärker andere Lebensziele in der Vergangenheit verfolgt und diese auch erreicht wurden. Diese Konfrontation mit den Grenzen der Machbarkeit, kann die Partnerschaft labilisieren. Je länger diese Erfahrungen andauern, desto unangenehmer werden Neid- und Kränkungsempfinden, die häufig schuldhaft verarbeitet werden und in einem sozialen Rückzug enden. Auch hier setzt die psychosoziale Beratung an, um wieder Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit in das Leben der Menschen zu bringen. 

Danke fürs Lesen, Teilen, darüber Sprechen und ich würde mich über Nachrichten, Kommentare oder persönliche Gespräche sehr freuen.

Alles Liebe,

Birgit

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