Teil 3: Wie häufig ist ungewollte Kinderlosigkeit?

Die genaue Zahl der ungewollt Kinderlosen ist naturgemäß sehr schwer zu erfassen, da nicht alle Personen mit unerfülltem Kinderwunsch auch wirklich eine Schwangerschaft anstreben. Die Gründe dafür sind sehr vielfältig und können zum Beispiel wirtschaftlicher, partnerschaftlicher oder krankheitsbedingter Natur sein.  Dennoch gibt es eine interessante Studie aus Deutschland, die hier etwas Aufschluss gibt: Eine bevölkerungsrepräsentative Untersuchung im Auftrag des deutschen Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat im Jahr 2013 ungewollt und gewollt Kinderlose systematisch betrachtet und festgestellt, dass von allen Kinderlosen im Alter zwischen 20 und 50 Jahren 25 % ungewollt kinderlos sind. Im Jahr 2020 lag diese Zahl bereits bei 32 %, das bedeutet eine Zunahme von 7 % in nur 7 Jahren. Dabei gibt es keine gesicherten Zahlen für eine Zunahme organisch bedingter körperlicher Probleme, welche sich in den steigenden Zahlen der ungewollten Kinderlosigkeit widerspiegeln würde. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch steigende Schadstoffkonzentrationen in der Umwelt, Genussmittelmissbrauch und falsche Ernährung einen Beitrag an diesem Anstieg haben. Kinderlosigkeit kann in jedem Fall auch eine bewusste, individuelle, wohl überlegte Entscheidung gegen eine Elternschaft sein, wobei die Kinderwunschforschung in diesem Feld eher von gleichbleibend geringen Raten von erwünschter Kinderlosigkeit ausgeht.

Ein entscheidender Punkt für den Anstieg der ungewollten Kinderlosigkeit scheint zu sein, dass Frauen und Männer sich heute immer häufiger bewusst dazu entscheiden, ihren Kinderwunsch erst in einem späteren Lebensabschnitt zu realisieren. Durch Wohlstand, Bildung und Empfängnisverhütung in unserer Zeit ist das Kinderbekommen (glücklicherweise) zu einer Wahlmöglichkeit geworden, welche den vorangegangenen Generationen oft noch nicht offenstand. Frauen beenden ihre Ausbildung, fassen im Berufsleben erst einmal Fuß und möchten sich mit dem richtigen Partner, der zudem auch manchmal etwas auf sich warten lässt, etwas im Leben aufbauen und schaffen, bevor sie einem Kind das Leben schenken. Dies erscheint erstrebenswert und elementar wichtig, damit dem Wunschkind ein wohliges Nest und vor allem Sicherheit geboten werden kann.  

Das Alter der Frauen, mit welchem sie ihr erstes Kind zur Welt bringen, hat sich in den letzten 50 Jahren um ca. 5 – 7 Jahre nach hinten verlagert. Mit der steigenden Lebenserwartung verändert sich zwar der Lebenszyklus („40 ist das neue 30“), das „fruchtbare Fenster“ verlängert sich jedoch trotz aller medizinischer Fortschritte nicht so schnell nach hinten. Die moderne Medizin der „assistierten Reproduktion“ (was für ein erschreckend nüchterner Ausdruck für dieses Wunder der Entstehung von Leben) in den Kinderwunschkliniken lindert dieses Gesellschaftsproblem, kann es aber nicht gänzlich lösen, da viele Versuche nicht im gewünschten Erfolg münden und die Sehnsucht nach dem Wunschkind bestehen bleibt. Jedes Jahr begeben sich über 22.000 Frauen (bzw. Paare) in Deutschland erstmalig in eine Kinderwunsch-Behandlung. Ein Blick in das Deutsche IVF-Register zeigt den rasanten Anstieg der Lebendgeburten: Kamen 1997 noch 6.577 Kinder nach einer reproduktionsmedizinischen Behandlung zur Welt, waren es 2020 schon 22.209 Kinder.  

Das Thema der ungewollten Kinderlosigkeit wird demnach in unserer Gesellschaft immer präsenter und ist schon längst kein Randthema mehr. Um den Betroffenen ihre Situation zu erleichtern, ist ein erster bedeutender Schritt, diesem Thema etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Danke, dass du den Blog-Artikel bis hierhin gelesen hast und diesem wichtigen Thema damit mehr Sichtbarkeit schenkst. 

Lasst uns über ungewollte Kinderlosigkeit sprechen und damit ein neues Bewusstsein dieser Thematik in der Gesellschaft schaffen.

Alles Liebe,

Birgit


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